Rudolf, Germar. "Gutachten ueber die Bildung und Nachweisbarkeit von Cyanidverbindungen in den 'Gaskammern' von Auschwitz (3., erweiterte und korrigierte Auflage, November 1992)." Report on the formation and demonstrability of cyanide compounds in the 'gas chambers' of Auschwitz (3rd expanded and corrected edition, November 1992). Popularly known as the "Rudolf Report." Stuttgart, 1992. pp. 58-59. Auch nach dem Kriege spielte Zyklon B noch eine Zeit lang eine bedeutende Rolle, bevor es vom DDT und seinen Nachfolgern verdraengt wurde [163,164]. Zyklon B konnte damals in drei Formen bezogen werden: Pappscheiben aus poroesem Fasermaterial, aehnlich Bierdeckeln, mit Lochung in der Mitte, einem koernigen Traegermaterial aus Gips (Erco) und Kieselgur in gekoernter Form, Korngroesse kleiner als 1 cm (Diagriess). Heute ist das Erco-Produkt nicht mehr erhaeltlich; der Produktname wurde in 'Cyanosil(R)' umgeaendert. Das angeblich zur Menschenvergasung verwendete Zyklon B bestand aus dem Diagriess-Produkt, 5 bis 10 mm grossen, mit Blausaeure getraenkten Kluempchen aus Diatomeenerde (Kieselgur), wobei ungefaehr 60% der Masse des Produktes auf die Traegermasse entfaellt [165,166]. Die Verdunstung des Giftgases vom Traeger erfolgt recht langsam. Dies war durchaus erwuenscht, da bei Raumbegasungen das Personal mit Gasmasken ausgestattet das Praeparat in den Raeumen verteilen musste. Da ein Schutzfilter ab einer bestimmten Konzentration unsicher wird (siehe Abschnitt 3.4.2.3, S. 71) und auch eine Vergiftung durch die Haut erfolgen kann, ist die langsame Freisetzung des Gases Voraussetzung fuer den sicheren Rueckzug des Personals nach Auslegung des Praeparates. Die Verdampfungscharakteristik der Blausaeure von Traegermaterialien wird in zwei Quellen angegeben [166,167]. Der Information der zweiten, von den US-Army Chemical Corps stammenden, ist der Grafik 12 zu entnehmen. Leider wird in der Quelle nichts ausgesagt ueber die Art des Traegermaterials und die Anhaeufung des Praeparats bei der Anwendung. Bei einer Raumtemperatur von etwa 26 C, der Siedetemperatur der Blausaeure, dauert danach der Vorgang bis zur Abdampfung von 80 bis 90% der Blaesaeure rund 9 Stunden. Die zweite Quelle stammt von der Detia Freyberg GmbH, einer Nachfolgegesellschaft der DEGESCH, die bis Kriegsende der Hauptlieferant fuer Blausaeure-Produkte war [166]. Da die Gasfreisetzung von Temperatur und Luftbewegung abhaengig ist, gibt die Detia Freyberg GmbH nur eine Faustregel an. Danach gibt der Traeger bei einer Temperatur von mehr als 20 C und gleichmaessiger Verteilung des Praeparates innerhalb von 120 min 80 bis 90% der Blausaeure ab, siehe Grafik 13. Nach 48 Stunden sind im Traeger keine oder nur vernachlaessigbare Blausaeurereste nachzuweisen. Bei niedrigeren Temperaturen soll sich dieser Vorgang entsprechend dem fallenden Dampfdruck von Blausaeure verlangsamen. Danach ist mit 50% Blausaeure-Abgabe nach 40 bis 45 Minuten zu rechnen (120/3 min). G. Peters [152] gibt fuer eine 50%ige Freisetzung der Blausaeure 1/2 Stunde an, bei einer Verteilung des Praeparates von 0,5 bis 1 cm Schichtdicke. Damit liegt dies ungefaehr in dem von der Detia Freyberg GmbH genannten Zeitbereich. Fuer spaetere Feststellungen ist es hier notwendig festzuhalten, dass waehrend der ersten fuenf, wahrscheinlich sogar zehn Minuten der Praeparatauslegung bei einer Temperatur groesser 20 C maximal 10% der Blausaeure den Traegerstoff verlassen haben. Bei einer Erniedrigung der Temperatur vom Siedepunkt der Blausaeure auf 0 C wuerde sich die Verdampfungdauer etwa verdreifachen (siehe Grafik 1, S. 38). Nach einer Quelle aus der Kriegszeit wird die Abdampfung der Blausaeure vom Traeger auch bei Minustemperaturen nur unerheblich verzoegert [168]. Gegen Ende der Verdampfung ist bei niedrigen Temperaturen mit einer zunehmenden Verzoegerung zu rechnen, da hier Adsorptionskraefte des Traegers auf die Blausaeure staerker zum Tragen kommen. Zwischen der amerikanischen und den beiden deutschen Quellen liegt also ein Faktor 4. Da die deutschen Entlausungsprozeduren in der Regel im Bereich einiger weniger Stunden liegen (siehe weiter unten), ist der letzten Quelle eher zu trauen, zumal hier auch die Verteilung des Praeparates angegeben ist. Peters [152] erwaehnt ausserdem, dass die Amerikaner fast ausschliesslich Scheiben aus Pappe als Traeger verwenden, die die Blausaeure wesentlich langsamer abgeben als das Diagriess-Praeparat. Wird das Praeparat nicht gleichmaessig verteilt, sondern gehaeuft ausgelegt, so kommt es naturgemaess zu einer Verzoegerung der Abdampfung. Dabei sind zwei Effekte zu beachten: Waehrend das Volumen der zu verdampfenden Blausaeure in einer Praeparateanhaeufung mit der 3. Potenz der Groesse waechst, waechst die Oberflaeche des Haufens, ueber die die Verdampfung ablaeuft, nur quadratisch. Damit hat man mit einem zu der Anhaeufung proportionalen Wachstum der Verdampfungszeit zu rechnen. Weiterhin wird sich bei groesseren Anhaeufungen durch den starken lokalen Waermeentzug die Temperatur in und um das Praeparat verstaerkt erniedrigen und damit die Verdampfung zusaetzlich bremsen. Eine leicht ueberproportionale Zeitdehnung mit der Groesse der Anhaeufung des Praeparates ist also gegeben. [152] G. Peters, Blausaeure zur Schaedlingsbekaempfung, Ferdinand Enke Verlag, Suttgart 1933, bezueglich der Geschwindigkeit der Blausaeure-Verdunstung vom Zyklon B-Traeger: S. 64f. [163] H. Kruse, Leitfaden fuer die Ausbildung in der Desinfektion und Schaedlingsbekaempfung, Muster-Schmidt, Goettingen 1948. [164] H. Kleiwe, Leitfaden der Entseuchung und Entwesung, F. Enke Verlag, Stuttgart 1951. [165] siehe Abbildungen in J.-C. Pressac, a.a.O. [Auschwitz: Technique and Operation of the Gaschambers: Beate-Klarsfeld-Foundation, New York, 1989], S. 17, F.A. Leuchter [2] [An Engineering Report on the alleged Execution Gas Chambers at Auschwitz, Birkenau, and Majdanek, Poland: Samisdat, Toronto, 1988], S. 148, jeweils aus Produktinformationen der DEGESCH (Deutsche Gesellschaft fuer Schaedlingsbekaempfung). [166] A. Moog, W. Kapp, Schreiben der Detia Freyberg GmbH an den Autor, Laudenbach 11.9.1991. Nach Aussage der Herren der Firma Detia Freyberg fuehrt diese Gesellschaft die Geschaefte der DEGESCH fort, die nach dem Krieg in amerikanischen Besitz gelangte. Zum Massenanteil des Traegers am Gesamtprodukt: Ferngespraech mit W. Kapp vom 10.1.1992. Daneben liegt mir ein Schreiben der Firma ARED vor, die fuer aud Pappscheiben adsorbierte Blausaeure Verdampungszeiten von 1 bis 6 Stunden angibt, je nach Temperatur, von 4 C an aufsteigend, Schreiben der ARED GmbH an den Autor, Linz, Az. 1991-12-30/Mag.AS-hj. [167] S. Pinter, Mauthausen-Bericht, Beilage 2/US-Army Chemical Corps, 5.8.48. [168] G. Peters, W. Rasch, Die Einsatzfaehigkeit der Blausaeure-Durchgasung bei tiefen Temperaturen, Zeitschrift fuer hygienische Zoologie und Schaedlingsbekaempfung, 1941, 133f.
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